Verschärfung der IED-Richtlinie bedroht Landwirtschaft

Nach Plänen der EU-Kommission soll die Industrieemissionsrichtlinie (IED) für Industrie und Landwirtschaft drastisch verschärft werden. Aktuell sind rund 9.000 Anlagen in Deutschland betroffen, in Zukunft könnten EU-weit bis zu 185.000 Betriebe zusätzlich unter die Bestimmungen der Richtlinie fallen. Viele würden keine Genehmigung für den Weiterbetrieb oder diese nur mit erheblichem finanziellen und bürokratischen Aufwand erhalten.

Gerade im Agrarbereich werden die Folgen der geplanten Verschärfung sichtbar. Dort soll der in Großvieheinheiten (GVE) gemessene IED-Schwellenwert von 600 auf 150 reduziert werden, mit einem Schlag wären über 22.000 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland betroffen – das entspricht einer Verachtfachung der gegenwärtigen Zahl. „Die Landwirte stehen mit dem Rücken zur Wand“, so die Bundestagsabgeordnete Melanie Bernstein (CDU) am Freitag bei einem Ortsbesuch in Schackendorf. Das Familienunternehmen Gutshof-Ei ist führender Lieferant von Eiern auf dem deutschen Markt und war einer der ersten Legehennenhalter, die infolge des 2021 in Kraft getretenen EU-Käfighaltungsverbots auf alternative Haltungsformen (Boden-, Freiland- und Bio-Eier) umstellten. Bernstein traf sich mit dem Geschäftsführer, Hans-Thomas Freiherr von Meerheimb, und dem Kaufmännischen Leiter des Unternehmens, Claus Peter Dieck, um anstehende Herausforderungen zu besprechen.

Die Unternehmer befürchten durch die IED-Novelle vor allem eine weitere Überregulierung des Agrarbereichs, der schon heute das Geschäft erschwere. So besetzt Gutshof-Ei zurzeit anderthalb Stellen, nur um dem statistischen Aufwand im Zusammenhang mit EU-Richtlinien Herr zu werden. Nach Pandemie, Energiekrise und dem anhalten Ukraine-Krieg kommen jetzt im Namen des Klimaschutzes zusätzliche Belastungen auf die Landwirtschaft zu. Für Melanie Bernstein ist klar: „Umweltschutz darf nicht auf dem Rücken der Landwirte ausgetragen werden, die trotz der Herausforderungen der letzten Jahre so viel in Nachhaltigkeit investiert haben.“

Hinzu kommt, dass die Vorgaben der IED-Novelle laut Bernstein ihre eigenen Ziele untergraben. „Man kann nicht gleichzeitig Umweltschutz fordern und Tierschutz verbieten. Mit dem faktischen Verbot von offenen Ställen zielen die Pläne der Kommission aber genau darauf ab“. Tatsächlich müssten in Zukunft Abluftanlagen genutzt werden, die nur in geschlossenen Ställen erfolgreich funktionieren. Für die Tierhaltungsstufen 3 und 4 dagegen werden offene Ställe benötigt. Daran würde auch der von Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir vorgeschlagene Schwellenwert von 300 GVE nichts ändern. „Wir können uns diese ideologische und widersprüchliche Klimapolitik nicht leisten“, so Bernstein.

Schließlich sorgen sich Betriebe wie Gutshof-Ei um drohende Wettbewerbsverzerrungen in Folge der EU-Regulierungspolitik. Die Unternehmer fordern einen Mentalitätswechsel in der Politik, weg von Überregulierung und hin zu einer “Macher-Mentalität”. Dieses Ziel verfolgt auch ein Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wonach die Bundesregierung aufgefordert wird, in den IED-Verhandlungen eine unverhältnismäßig starke Belastung von Unternehmen zu verhindern, um weiteren Produktionsverlagerungen ins Nicht-EU-Ausland entgegenzuwirken. Hierfür dürften die Anforderungen an heimische Unternehmen jedoch nicht strenger sein als die an Importeure. Außerdem veranstaltete die Fraktion am 25. April eine öffentliche Anhörung im Bundestag, um den Sorgen von Industrie und Landwirtschaft Gehör zu verschaffen. Diesen Austausch führt Melanie Bernstein heute in Schackendorf fort.

Im Europäischen Parlament sind bereits mehr als 1.700 Änderungsanträge eingegangen, die aktuell in den Ausschüssen für Umwelt und Landwirtschaft verhandelt werden. Auch wenn Zeitplan und Umsetzung noch nicht beschlossen sind, sieht Bernstein schon jetzt „große Gefahr“ für die deutsche Industrie und Landwirtschaft. „Ohne eine klare Positionierung Deutschlands gegen diese drastischen Verschärfungen wird die Novellierung in Brüssel voraussichtlich beschlossen werden.“